Heute möchte ich dir einen Einblick geben, was in den letzten Wochen hier los war. Mir fällt dieser Artikel nicht leicht und ich schiebe Ihn schon eine Weile vor mich her. Es geht um das Thema Tod und Sterben und wie wir es unseren Kindern vermittelt haben. Nein, es ist kein menschliches Familienmitglied verstorben aber ein vierbeiniges und das hat uns alle getroffen. Ich spreche von unserem treuen Monsieur Spot. Unser Kater ist für uns und vor allem für die Kinder, ein enges Familienmitglied. Er gehört einfach zu uns und ist jetzt plötzlich nicht mehr bei uns. Aber ich fange lieber mal von vorne an.
Was bisher geschah
Vor einigen Wochen habe ich bemerkt, dass sich unser Kater verändert. Er wirkte schlanker. Dies ist mir zuvor nicht wirklich aufgefallen, da er immer etwas „Dratig“ war. Aber irgendwas störte mich an der ganzen Sache. Da er aber weiterhin wie immer gelaunt war, legte ich nicht so viel Wert darauf. Dann kam das Wochenende, an dem Spot weniger zu fressen schien, bis er mittwochs begann sich zu erbrechen. Zudem bekam er plötzlich Durchfälle. Das wiederum war dann der Punkt, an dem ich beschloss zum Tierarzt zu fahren. Da Spot ein Hauskater war, sind wir eher selten zum Tierarzt gefahren. Also rief ich am nächsten Morgen beim Arzt an und konnte um 11 Uhr in die Praxis kommen. Mein Mann war auf der Arbeit und die Kinder in der Schule, bzw. im Kindergarten.
Ich fühlte einen tiefen Schlag in der Magengrube
Ich betrat die Praxis und nach einer kurzen Wartezeit konnte ich zum Tierarzt rein. Die Ärztin wirkte und wirkt auch heute noch, sehr nett und hörte sich erst einmal an, was los sei. Danach untersuchte Sie unseren Spot und meinte, dass es nicht nur Magen-Darm zu sein scheint. Sie fühle im Bauch etwas, was da nicht hingehöre. Also fragte Sie mich, ob wir zur Abklärung einen Ultraschall machen wollten. Ich wollte es und so legte ich meinen lieben Kater auf den Schoß und sie schallte seinen frisch rasierten Bauch. Sehr schnell sahen wir auf dem Bildschirm, dass etwas „Blumenkohlartiges“ zwischen den Nieren und oberhalb der Harnblase wuchs. Und glaub mir, ein Blumenkohl gehört nicht in den Bauch eines Lebewesens. Sehr zügig stand fest, dass es sich um eine Wucherung handelte, die auf den Magen-Darm Trakt drückte, wodurch die Übelkeit, die Durchfälle sowie das Erbrechen kam. Monsieur Spot erhielt zwei Spritzen gegen die Symptome und wir wurden über das Wochenende nach Haus entlassen. Wir sollten uns überlegen, was wir machen. Ich fühlte einen tiefen Schlag in der Magengrube. So was darf nicht sein, wie kann ich das den Kindern vermitteln? Der Kater ist gerade mal 8 1/2 Jahre alt, dass ist noch viel zu jung für Ihn. Als Behandlungsmöglichkeit gab mir die Tierärztin zwei Optionen mit auf den Weg. Zum einen
- OP in der Tierklinik mit der wahrscheinlichen Möglichkeit, dass unser Kater nicht mehr aus der OP wach wird, weil der „Blumenkohl“ inoperabel ist und man Ihn dann direkt einschläfert.
und zum anderen
- Behandlung der Symptome in der Hoffnung, dass Monsieur Spot noch eine gewisse Zeit weitestgehend Beschwerdefrei bei uns ist.
Zu Haus redeten mein Mann und ich am Wochenende viel miteinander und überlegten hin und her. Letztlich kamen wir zu dem Entschluss, dass wir eine OP ablehnen und unserem Spot noch so lange ein schönes Kater- Leben ermöglichen wollen, wie es uns möglich ist.
Wie erklären wir es den Mädchen?!
Es führte nichts an einem Gespräch mit den Kindern vorbei, welches wir nach dem erneuten Termin bei der Tierärzt in in Angriff nahmen. Mein Mann kam dieses mal mit zur Ärztin und wurde gleichfalls aufgeklärt, was uns alles bevorstehen könnte und vor allem wie es genau um den Kater steht.
Die Tierärztin verstand unsere Entscheidung und gab zu, dass Sie es nicht anders gemacht hätte. Sie spritzte Monsieur Spot erneut zwei Präparate, mit Depot-Wirkung, die ca. 1-2 Wochen anhalten sollten und gab uns einen erneuten Termin, wobei wir uns bei akuter Verschlechterung melden sollten.
Das Gespräch
Die Mädchen kamen nach Haus und wir riefen beide zu uns. Wir erklärten Ihnen, dass Monsieur Spot sehr krank sei und dass es sein kann, dass er bald in den Himmel muss. Die Große hatte sofort Tränen in den Augen und ich flachte das ganze ein wenig ab. Ich sagte Ihr, dass Spot nicht gleich morgen gehen wird, aber das er so Krank sei, dass es in naher Zukunft so weit sein kann. Wir gingen ehrlich mit ihnen um und sagten Ihnen auch, dass es leider keine Medizin gäbe, die ihn gesund macht. Wir erklärten Ihnen, dass wir die Zeit jetzt noch ganz doll genießen sollten und dass wir Spot alle vermissen werden. Mini fragte, ob der liebe Gott uns das gesagt habe und ich sagte „JA“. Wir sind religiös und ich sage gerne, dass uns dieser Aspekt bei einer so heiklen Thematik wirklich gut geholfen hat. Beide Kinder und auch wir glauben, dass wen man stirbt die Seele in den Himmel auffährt. Wir müssen keine regelmäßigen Kirchgänger sein um das glauben zu können, aber gerade an diesem Punkt hilft uns der Glaube wirklich. In Mini Ihrem Kopf malt sie sich aus, dass der lieb Gott Spot zu sich ruft und Ihn mit einer goldenen Kutsche abholen wird. Die Große weiß, dass die Seele von Spot bei Gott sein wird und Sie daher nicht allein sein muss, wenn Sie die Hülle des Katers verlässt.
Die Große wirkt so groß
Der Großen erzählten wir später, unter vier Augen, in etwas abgeschwächter Deutlichkeit, dass Spot wohl Krebs habe. Sie kennt die Erkrankung, weil eine Ihrer Omas diese hatte und daher ist es Ihr ein Begriff. Wir sagten Ihr aber auch, dass man mit einer Chemo, wie bei Oma, bei Spot nicht mehr arbeiten könne, weil der Krebs schon so groß sei. Sie weinte und fragte, ob wir Spot einschläfern lassen würden. Wir sagten, dass wir es versuchen so lange wie Möglich herauszuzögern, dass es aber darauf hinauslaufen würde. Sie verstand es und sagte, dass es Ihr wichtig sei, das Monsieur Spot keine Schmerzen habe. Dies versprachen wir ihr und wir alle würden uns einig, dass wir Spot noch die besten Tage, Wochen, vieleicht Monate geben möchten. Dann fragte mein 9 jähriges Mädchen noch, warum „Einschläfern“ nicht auch bei Menschen gehen würde. Ich muss gestehen, dass mich diese Frage positiv berührt hat, denn auch ich verstehe nicht, warum man in Deutschland, in den 2000, nicht wieder über ärztlich Kontrollierte und injezierte aktive Sterbehilfe redet, wenn man es z.B. unter den Richtlinien wie in der Schweiz oder den Niederlande machen würde. Diese Aussage zeigt mir wieder, wie weit mein kleines Mädchen zum Teil schon ist. Sie verstand unser Gespräch, auch wenn es sie unglaublich schmerzte. Aber Sie und wir klammerten uns an die Hoffnung, dass Monsieur Spot noch einige Monate hatte.
Mini ist noch so schön kindlich naiv und dass ist gut so
Mini fragte immer wieder, wann denn das Telefon geht. Ich muss zugeben, dass ich nicht wirklich wusste was sie meint. Eines Tages fragte ich dann explizit nach, warum denn das Telefon gehen sollte. Da sagte Mini ganz klar:“Weil der liebe Gott anruft und uns sagt, dass er jetzt Spot in seiner Kutsche abholen kommt, damit wir ihm noch winken und Tschüss sagen können“. Diese schöne kindlich naive Vorstellung vom Tod möchte ich gerne zurück haben. Das Bild, welches sich Mini da gebaut hat ist toll und ich finde es tröstlich. Mini wartete täglich auf den Anruf aus dem Himmel und für Sie war es , im vergleich zu Ihrer Schwester, nichts schlimmes und es tat Ihr nicht weh. Im Gegenteil. Sie freute sich für Spot.
Wir sagen „good bye treue Seele“
Dann kam Tag „X„. Ich habe diesen Tag gehasst und ich wusste, dass er kommen würde, auch wenn ich darum gebeten habe, dass er noch nicht so bald kommen würde. Spot ging es sichtlich wieder schlechter. Nach den Spritzen wirkte er deutlich fitter und hat sogar wieder gut gefressen, was allerdings nach weniger als einer Woche wieder sichtlich abgeklungen ist. Dann stellte er an einem Sonntagabend das Fressen vollständig ein. Auch trinken tat er nicht mehr und so mussten wir, den von Mini erwarteten Anruf tätigen. Wir sollten am selben Abend in die Praxis kommen. Die Kinder haben wir allerdings bei der Schwägerin gelassen, weil ich dass nicht wollte. Zuvor, nachdem wir der Ärztin einen telefonischen Überblick der Situation gegeben haben und uns allen klar war, dass heute der Tag sein würde, sagten wir es auch den Kindern. Wir erklärten Ihnen, dass der Anruf gekommen sei und jetzt der Moment da sei, an dem wir uns alle von unserem Monsieur Spot verabschieden müssten. Mini freute sich sichtlich für Monsieur Spot, weil er ja jetzt bald in den Wolken mit Freunden spielen könne und auch immer auf Sie aufpassen könne, wenn er da oben sei. Die Große weinte los und Ihr fiel es deutlich schwer. Wir versuchten uns zusammen zunehmen um für die Kinder stark zu sein, aber irgendwann schmiss ich dieses Vorhaben über Board und ließ auch meinen Tränen freien lauf.
Wir fuhren am Abend zur Ärztin. Während dessen Monsieur Spot seinen Frieden fand lag er die ganze Zeit auf meinem Schoß und ich streichelte Ihn, bis er seinen letzten Atemzug getan und sein Herz ein letztes mal geschlagen hat. Nicht nur mir, auch meinem Mann liefen die Tränen. „Good bye du treue Seele, du treues Tier, du Lebenswegbegleiter, du lieb gewonnenes Familienmitglied“
Es schmerzt zu sehen, wie das Herz des Kindes bricht
Wir ließen Spot erst mal in der Praxis zurück, weil Mini im festen Glauben war, dass Spot „im ganzen“ in die Kutsche gestiegen ist um über die Regenbogenbrücke zum lieben Gott zu fahren.
Die Große wollte alles wissen. Am wichtigsten war Ihr das Wissen, dass er keine Schmerzen hatte, dass er nicht allein war, dass das Fenster offen war, damit seine Seele fliegen konnte und dass kein Spiegel in dem Raum war in dem sich die Seele hätte verfangen können. Danach wollte Sie wissen,was jetzt mit der „Hülle“, dem Körper, von Spot sei, wo die Seele im Himmel wäre. Sie wünschte sich eine Beerdigung und diesem Wusch leisteten wir folge. Allerdings so, dass Mini dieses nicht mitbekommen hat, damit Sie Ihren Glauben noch behält.
Mein Mann hob ein Loch im Garten aus und wir begruben Monsieur Spot. Die Große bastelte aus Stücken ein Kreuz und stellte es an das Grab. Ihr tat es gut und brachte ihr einen Abschluss. Sie und auch Wir bräuchten diesen Schritt des endgültigen Abschieds.
Ich muss sagen, dass mir dieser Tag unglaublich weh getan hat. Nicht nur, dass uns ein Familienmitglied genommen wurde, bzw. wir es erlösen ließen, „Nein“, es schmerzte sagenhaft schrecklich mit ansehen zu müssen, wie das Herz der Großen gebrochen ist. Es tat und tut noch immer weh zu sehen, wie sehr sie weint/e. Es schmerzt noch immer zu sehen, dass sie Ihren Monsieur Spot vermisst. Ich spüre, dass Ihr Herz noch immer nicht ganz wieder genesen ist und es tut weh, dass ich ein wenig mit dem Verlust zu tun hab. Ich weiß, dass ich meine Kinder nicht vor allem beschützen kann, aber es hätte doch nicht gleich mit so einer Tragik los gehen müssen.
Mini steht jeden morgen und jeden Abend am Himmel und winkt hinauf. Sie wünscht Spot einen „Guten Tag“ oder eine „Gute Nacht“. Sie sagt, dass er jetzt da oben ist und auf Sie aufpasst und sie fragt, wann denn jetzt die neue Katze hier wohnen würde. Schließlich sei Spot ja jetzt beim lieben Gott.
Ich muss sagen, dass ich jetzt erst mal kein neues Tier haben möchte. Zum einen, kann man dieses wundervolle Geschöpf, welches nicht mehr da ist, nie und nimmer ersetzen und zum anderen möchte ich nicht noch einmal sehen müssen, wie das Herz eines meiner Kinder so zerbricht.
Wir haben versucht beide Kinder mit dem Thema Tod und Sterben dort abzuholen, wo sie Alters- und entwicklungsgerecht stehen und ich mag behaupten, dass uns dies sehr gut gelungen ist.
Ich habe vor geraumer Zeit mal an einer Blogparade zum, Thema „Kinder und Haustiere“ mitgemacht und dort auch über Spot geschrieben.
Meine Kinder hatten bislang noch keine Berührung mit dem Tod, und ich hoffe auch, dass dies noch eine Weile so bleibt. Auch wenn ich denke, dass Kinder sich mit den Begebenheiten oft schneller abfinden können als wir Erwachsene, würde ich mich freuen, wenn sie den Alltag mit ihren Lieben unbeschwert leben dürfen. Ob Mensch, Tier oder Dinge – zum sich-wohlfühlen gehören ganz viele kleine Puzzleteilchen hinzu, und mir tut es sehr Leid, dass bei dir und euch nun eines fehlt.
Liebe Grüße
Steffi
Ich weiß, es klingt doof, aber ich war echt froh, dass unser großer Sohn das damals noch nicht so richtig verstanden hat, als unser Kaninchen starb. Er lag einfach eines morgens tot im Gehege. Ohne Vorwarnung. Der Mann auf Dienstreise, das Kind und ich alleine. Es war so seltsam das Wesen in einen Karton zu packen und weg zu bringen. Es war mein Ersatzbaby, als ich meine Fehlgeburt hatte und nun war es weg.
Ich war froh es dem Kleinen nicht erklären zu müssen. Neo war einfach weg und das war irgendwie ok für ihn. Heute würde das ganz anders laufen…
Fühl Dich gedrückt.
Das klingt nicht doof, Sari.
Ich muss zugeben, dass ich es so auch viel angenehmer für uns Eltern empfunden hätte. Klar unsere kleine nahm es sehr gelassen hin, aber die Große war echt fertig. Und das wiederum macht mich fertig. In solchen Situationen wünsche ich mir beide Kinder nochmal so unglaublich klein und unschuldig.
Ich kann nachvollziehen, dass es dir schwer gefallen sein muss, vor allem wenn man deinen Hintergrund betrachtet. Fühl auch du dich gedrückt.
Oh nein ? Ich sitze hier und mir laufen die Tränen. Alles Gute.
LG Cindy
Danke, aber nicht weinen!
Oh, da kommen einem die Tränen.
Ich kann Dich so gut verstehen. Deine Sorgen, deine Trauer – alles und es tut mir wirklich Leid.
Fühl dich ganz arg umarmt!
Deine Alina
Liebe Katha, ein sehr berührender Text. Es ist schön, dass jeder Eurer Familie auf seine Weise Abschied nehmen konnte und doch Ihr alle zusammen. Alles Gute! Svenja
Danke dir. Ja so hat es jeder von uns gebraucht. Und wir sind froh, dass jeder seinem Bedprfnis entsprechend Abschied nehmen konnte.
Liebe Katha,
ich finde es bewundernswert und (auch, wenn es im Zusammenhang mit diesem Thema doof klingt) richtig wundervoll, wie ihr damit umgeht und das Thema euren Kindern näher gebracht habt.
Ich bin mir ganz sicher, Monsieur Spot sitzt dort oben auf seiner Wolke, blickt liebevoll erinnernd zu euch herunter und genießt sein himmlisches Katzenleben.
Liebe Grüße
Vierlen lieben dank Julie.
Langsam glauben wir das auch.
Ich hoffe, dass ich so einigen eine Richtung aufzeigen konnte, wie man bei diesem Thema mit seinem Kind darüber sprechen kann.